Aus- und Fortbildung

Professionalisierung der Freiwilligenarbeit

Freiwilligenorganisationen müssen sich heute verstärkt darum bemü­hen, für freiwilliges Engagement attraktiv zu sein. Sie sind gefordert, die Freiwilligen vom Einstieg bis zum Ausstieg professionell zu begleiten, damit der/die Freiwillige möglichst gut Anschluss und sich in den Struk­turen und Abläufen der Einrichtung zurecht findet. Vor allem aber, dass der/die Freiwillige entsprechend ihrer/seiner Motivation und Kompe­tenzen tätig werden und dabei eine hohe Zufriedenheit erleben und Sinn erfahren kann. Um diesen  An­sprüchen gerecht zu werden, braucht es kontinuierliche Ansprechpartner/ innen für die Freiwilligen, welche für die Einbindung und Betreuung der Freiwilligen verantwortlich sind. Die Funktionen von Freiwilligenkoordi­nator/innen und –manager/innen stellen hohe Anforderungen an die fachlichen und persönlichen Befähi­gungen dieser Personen.

Um die Ausbildung von Verantwortlichen im Freiwilligenengagement auf eine einheitliche Basis zu stellen und ein möglichst hochstehendes Niveau zu sichern, stellt das Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumenten­schutz einen Leitfaden für Curricula von Lehrgängen für Verantwortliche im Freiwilligenengagement zur Ver­fügung. Damit trägt das Ressort zur Qualitätssicherung und -stei­gerung des freiwilligen Engagements in Österreich bei.

Mittlerweile gibt es in den meisten Bundesländern Lehrgänge für die Aus- und Weiterbildung.

Kompetenz- und Qualifikationserwerb

In einer österreichischen Befragung von 400 Unternehmen stimmten 93 % der Befragten der Aussage zu, dass durch freiwilliges Engagement Fähigkeiten und Fertigkeiten erlangt werden können, die auch für den Beruf einen Nutzen bringen. Bislang gibt es allerdings wenig Forschungsliteratur zur Frage, welche Qualifikationen durch Freiwilligenarbeit gewonnen werden können. Zu den Wirkungen freiwilliger Tätigkeit auf berufliche Chancen und das individuelle Verdienstpotenzial liegen Ergebnisse aus einer kanadischen Studie vor. Ausgangsüberlegung dieser Untersuchung ist, dass Freiwilligenarbeit die Fähigkeiten und damit die Produktivität einer Person erhöht. Außerdem entstehen durch die ehrenamtliche Tätigkeit informelle Netzwerke und Kontaktmöglichkeiten, die etwa bei der Suche nach einer bezahlten Stelle hilfreich sein können.

Viel Entwicklungsarbeit floss in die Darstellung von Kompetenzen und Qualifikationen, die durch freiwilliges Engagement potenziell erworben werden können, insbesondere bei der Schaffung von Instrumenten wie Freiwilligennachweis und Kompetenzportfolio. Der Freiwilligennachweis wurde vom Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz (BMSGPK) in Kooperation mit dem Personalberatungsunternehmen Hill International entwickelt. Ein Formular mit Ausfüllhilfe unterstützt Freiwilligenorganisationen und Freiwillige darin, die erworbenen Fähigkeiten für Bewerbungsunterlagen darzustellen.

Folgende Schlüsselkompetenzen gelten als besonders relevant:

  • Soziale Kompetenz und Belastbarkeit
  • Engagement und Einsatzfreude
  • Verantwortung und Selbstdisziplin
  • Motivation und Überzeugungskraft
  • Führungs- und Managementkompetenzen
  • Zusatzqualifikationen und neue Fachkenntnisse (z. B. IT-Qualifikationen, Fremdsprachen, buchhalterisches Know-how, sonstiges Fachwissen)

Der Ring Österreichischer Bildungswerke hat im Rahmen verschiedener Projekte ein Kompetenzportfolio sowie einen Kompetenznachweis für Bewerbungen entwickelt. Das Portfolio erfasst den Kompetenzerwerb im Engagement, der Nachweis ist eine Kurzfassung und Auswertung des Portfolios im Hinblick auf das jeweilige Bewerbungsinteresse. Für die Portfolio- und die Nachweiserstellung stehen speziell ausgebildete Begleiter und Begleiterinnen zur Verfügung, die die Freiwilligen im jeweils benötigten Umfang unterstützen. Das Portfolio selbst wird häufiger zur Selbstreflexion als zur Erstellung von Nachweisen für Bewerbungen genützt.

Kernstück des Portfolios ist das Kompetenzprofil, das folgendermaßen unterscheidet:

  • Fachlich-methodische Kompetenz: pädagogische Kompetenz, Kulturmanagement, Kulturmarketing etc.
  • Sozial-kommunikative Kompetenz: kommunikative Fähigkeiten, Teamfähigkeit, Beratungskompetenz etc.
  • Personale Kompetenz: Belastbarkeit, Verantwortungsbereitschaft, Einfühlungsvermögen, Vorbildfunktion etc.

Ähnliche Instrumente wurden auch von anderen Institutionen entwickelt – beispielsweise bestätigt der Youthpass als Zertifikat die Teilnahme an einem Europäischen Freiwilligendienst und beschreibt die Aktivitäten und die Beteiligung des/der Freiwilligen. Auch hier gibt es Ausfüllhilfen, die Schlüsselkompetenzen auflisten, die im Rahmen des Europäischen Freiwilligendienstes potenziell erworben werden können.